Opfer eines sog. ärztlichen Kunstfehlers erfahren nach dem für ihre Gesundheit oftmals verhängnisvollen Fehler eines Arztes häufig ein weiteres Trauma dadurch, dass sie mit dem betroffenen Arzt hierüber nicht reden können, weil der Arzt keine Zeit hat oder -schlimmer noch- weil er, was leider nicht selten vorkommt, den Patienten beschimpft und aus der Praxis hinauswirft. Das ursprünglich bestandene Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient ist spätestens in diesem Augenblick zerstört.

Das ist traurig und muss nicht sein, insbesondere weil der Patient selbst gar nichts für den Fehler bzw. seine Folgen kann, also lediglich Opfer ist, und weil andererseits der Arzt für solche Fälle eine Vermögenschadenhaftpflichtversicherung hat.

Dass es auch anders gehen kann, und zwar nicht schlechter, zeigt das Beispiel des ehemaligen Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, Professor Matthias Rothmund, ein deutscher Chirurg und Hochschullehrer, der sich als Forscher und Mediziner national und international große Reputation erwarb:

Er vergaß einmal bei einer Tumoroperation eine Wundklammer im Körper des Patienten. Nachdem er dies bemerkt hatte, hat er den Patienten sofort hierüber in Kenntnis gesetzt, die Klammer entfernt und seine Versicherung benachrichtigt, von welcher der Patient eine Entschädigung erhielt. Die Erinnerung an diesen Fehler verfolgte Prof. Rothmund noch lange und er berichtete hierüber sogar in der Öffentlichkeit. Er war überrascht, als derselbe Patient ihn nach einigen Jahren erneut aufsuchte und ihn bat, seinen Leistenbruch zu operieren, denn immerhin hatte er ja einen Fehler gemacht. Der Patient sagte ihm jedoch, dass er ihm und seiner Klinik vertraue, gerade weil er damals den Fehler sofort eingeräumt und ihn wieder gut gemacht hatte.

Eine negative Fehler-„Kultur“, wie sie heute leider immer noch von den meisten Ärzten/Kliniken praktiziert wird, führt lediglich zu Frust und Ärger auf beiden Seiten, die Fronten verhärten sich, es folgen manchmal jahrelange Rechtsstreitigkeiten und die Patientensicherheit bleibt auf der Strecke, weil statt der Installation von Fehlervermeidungsinstrumenten oft genug versucht wird, den Fehler weg- oder schön zu reden bzw. ihn zu verharmlosen, durch irgendwelche untauglichen Einlassungen zu rechtfertigen o. ä.

Die Ärzteschaft wird zumindest langfristig gut daran tun, ihre langjährigen Verhaltensweisen zu ändern. Aus Sicht des Verfassers wäre es zudem wichtig, dass bereits Medizinstudenten darauf vorbereitet werden, dass auch ihnen einmal ein Fehler unterlaufen kann und wie sie hiermit am besten -nicht zuletzt auch für sich selbst- umgehen.

Dieser Beitrag wurde von Fachanwalt für Medizinrecht Benedikt Jansen/Kempten (www.jansen-muehl.de) verfasst.